Sun, Here I Come

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Kdo jsem

HRP - Tag 20

Habe ich Angst vor der gepunkteten Linie?

26.8.2024

Ich stehe auf, schalte die Stirnlampe ein und beleuchte die Maus. Guten Morgen, Nachbarin! Auf dem Boden lasse ich eine Rosine für sie zum Frühstück liegen.

Beim Frühstücken kommt ein Schäfer mich begrüssen. Ich sage ihm, wohin ich gehe, und er antwortet, es sei super. 

Wohin gehe ich

Der heutige Plan ist es, eine lange gepunktete Strecke zu gehen, die direkt an der Hütte mit einem steilen Anstieg beginnt. Von hier aus sehe ich nur den Felsen und keine Möglichkeit dadurch zu steigen, aber ich weiß, dass das normal ist, wenn ich es von unten betrachte. Trotzdem … der letzte gepunktete Abschnitt, wodurch ich gegangen bin, war Mordor, also mache ich mir ein bisschen Sorgen.

Schon gestern musste mit meiner Angst darüber reden, dazu war das Wetter schlecht und wir haben uns beide Sorgen gemacht. Ich habe ihr gesagt, dass wir nur dann gehen, wenn das Wetter schön ist. «Okay.»  Und dass wir umkehren, wenn es uns nicht mehr gefällt. «Gut, das ist in Ordnung.»

Also steige ich über die plattigen Felsen zum Col de la Sède, 2651 m. Es gibt keinen Weg, denn alles ist eine einziger grosse schräge Platte. Ich komme aber gut voran, der Weg ist mit Steinmännchen markiert, die ich zu grüßen beginne, weil ich mich immer so freue, sie zu sehen :) «Hallo Steinmännli!»

Eineinhalb Stunden später stehe ich auf dem Pass, wo ich schon wieder brülle. ICH SCHREIE, so laut ich kann. Ich frage mich, warum ich schreie, und dieses Mal ist es aus purer Freude. Ich bin froh, dass ich es bis hierher geschafft habe, und dass ich nicht gleich unten aufgegeben habe. Ich bin froh, dass ich mich gut fühle, und dass wir unsere KONFLIKTE MIT DER ANGST SO ERFOLGREICH LÖSEN KÖNNEN. ICH BIN FROH, DASS ICH HIER BIN. Es ist ein wirklich cooler Pass !!

Ein Gipfel ohne Weg in der Karte

Ich folge weiter die gepunktete Linie und ES GEHT. Es gibt sogar einen Pfad, wahrscheinlich von den Schafen :)) Nach einem weiteren Pass, Col de la Géla, 2706 m, entscheide ich auf einen Gipfel zu gehen, Pic de la Géla, 2851 m. Es gibt gar keine Linie auf der Karte, es steht aber in meiner Beschreibung der HRP und Steinmännli sind hier. Also laufe ich zum ersten Mal auf einer Strecke, die gar nicht in der Karte gezeichnet ist.

Ich klettere ein bisschen über ein paar schöne Granitplatten, aber es ist überhaupt nicht schwierig, und oben gibt es einen wunderschönen Blick auf die Wolken, GANZ WIE IN EINEM FLUGZEUG. 

Aber Leute, bitte, macht kein Aa auf einem Gipfel und bedeckt es nicht mit einem Stein, damit es nicht wegfliegt. ES IST WIRKLICH ÜBEL !! Bitte, steigt mindestens zwei Meter ab und macht es dort, wenn ihr beim Aufstieg so viel Angst hattet, dass ihr es wirklich nicht mehr aushalten könnt! UND GRABT EIN LOCH DAFÜR !!

Der Weg nach unten dagegen ist wieder ein bisschen wie Mordor. Zuerst muss ich ihn finden und stehe eine ganze Weile da, schaue mich um und frage mich, in welche Richtung ich absteigen soll. Ich habe ein bisschen Angst, dann entscheide ich mich und kraxle ein Stück hinunter, auf dem Gelände, das ich für das beste halte. Alles ist gut, um die Ecke schaut mich ein Steinmännli an. ICH STEIGE DURCH EIN LOSES, STEINIGED SCHIEFERFELD HINUNTER, DAS ICH HASSE. Manchmal rutscht es ein bisschen, aber zum Glück kann ich ausser meines Hinterns nirgendwo runterfallen. Ich steige bis zur Hourquette de Chermentas, 2439 m, ab, wo der gepunktete Teil sowie der Abschnitt ohne Linie enden. Uf!

Mittagessen am See

Ich bin in der Wolke, auf die ich vorhin hinuntergeschaut habe, und sehe schon wieder nichts mehr. An den Lacs de Barroude komme ich mit einer Gruppe aus Toulouse ins Gespräch und wir essen zusammen zu Mittag. Es ist für sie das erste Mal, dass sie draussen zelten! Sie haben so viel gutes Essen dabei und SIE FÜTTERN MICH :)) Ich warne sie davor, mir das Essen anzubieten, denn ICH VERSPEISE ALLES. Sie geben es mir trotzdem und ich fresse alles :)) Wurst, ein Stück Schinken, Käse, BROT, SCHOKOLADE, Fruchtgelee !! Meine Eltern könnten stolz sein auf meinen Appetit. Kein Sitzen am Tisch als Bestrafung, bis ich alles aufgegessen habe. Bei mir funktionierte das sowieso nie und meine Schwester ass es für mich zu Ende :))

Am Meer

Sie erzählen mir von Banyuls, der Stadt am Meer, wohin ich gehe. Im Sommer ist sie voll von Touristen, am Ende September werden nur noch Rentner da sein. Uuh, ich freue mich also auf die Party :)) Und zum Essen gibt es Schnecken.

Traum

Mit Schinken und Brot in der Hand, träume ich. Ich träume von einem Zimmer am Meer mit einem grossen weissen Bett und durchscheinenden Vorhängen. Vom Bett aus höre ich das Rauschen des Meeres, daneben gibt es warmen Kaffee und einen Teller voll mit Sandwiches. 

Ich bin da mit der grossen männlichen Hand und das Zimmer verlassen wir nur, um essen zu gehen. Ich ziehe ein geblümtes Kleid und einen roten Knopfpulli an, die grosse männliche Hand zieht ein Hemd an, das er sonst nie trägt. Ich bürste mir die Haare, schminke mir die Augen, und wir gehen zu Dates in gute Restaurants mit Rotwein, Kaffee, Pommes und Schnecken. Nach dem Essen umarmt mich die grosse männliche Hand und dem Strand entlang laufen wir barfuss zurück zu dem weissen Bett, wo wir nicht nur Karten spielen werden. 

Na ja, ich stehe auf und ziehe meine Trailschuhe wieder an.

Variante – Gratwanderung mit und ohne Strich

Ich gebe ihnen eine gute Nacht und mache mich auf den Weg zum Pass Port de Barroude, 2534 m. Von hier aus wollte ich ins Tal absteigen und eine etwas leichtere Strecke machen. Hier fängt nämlich auch eine Variante an, die über den Grat geht und nicht auf der Karte eingezeichnet ist, und ich habe vorher beschlossen, dass sie zu verrückt ist und ich diesen Weg nicht gehen würde. ABER WENN ICH MIR DEN GRAT JETZT SO ANSEHE … ICH GEHE HIN :)) Er sieht nämlich wirklich schön aus.

Ich steige über die ersten Gipfel, Soum de Barroude, 2674 m und Pic de Port Vieux, 2723 m. Um 18 Uhr bin ich auf dem Port Vieux Pass, 2384 m, und der nächste Teil des Grates ist wieder in der Wolke. Also beschließe ich, hier zu bleiben und mir einen Schlafplatz zu suchen. Ich steige ganze zweihundert Meter ab, die ICH AM MORGEN WIEDER HINAUFSTEIGEN MUSS.

Cabane des Aires – Port Vieux / 16 km / +1394 m / -1289 m

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