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Kdo jsem

HRP - Tag 21 Teil 1

Pyrenäen-Gratweg und Schieferhölle

27.8.2024

Heute ist so viel passiert, dass ich gar nicht verstehe, wie so viele Dinge an einem einzigen Tag passieren können. 

Der Pyrenäen-Gratweg

Zunächst packe ich das schon wieder taufeuchte Zelt zusammen und mache mich auf den Weg zurück zum Grat. Auf dem Grat gibt es keine andere Möglichkeit, als ständig auf- oder abzusteigen – also zum Gipfel oder in den Sattel.

Auf dem ersten Abschnitt ist auf der Karte ein Pfad eingezeichnet. Über große Grasbüschel und gelegentlich etwas Fels geht es ganz leicht über die Gipfel Pic de l’Aiguillette 2517 m, Crête de Port Vieux 2530 m, Pic de Marioule 2586 m zum Pass Port de Bielsa 2426 m. Von dort schon mit einfachem Klettern auf einem felsigen Grat zum Pic de Bataillance 2604 m, von wo aus KEIN PFAD MEHR AUF DER KARTE GEZEICHNET IST und ich muss meinem HRP Pocket Guide glauben, dass ER NICHT LÜGT, wenn er sagt, dass man hierdurch gehen kann.

Er lügt nicht. Bis zum Pass Port de Héchempy 2450 m klettere ich total genussvoll über die Felsen auf dem Grat. Er ist gerade breit genug, um mit gelegentlicher Hilfe der Hände darauf zu gehen, und ICH GENIESSE ES HIER HEUTE TOTAL.

Am Pass biege ich vom Grat ab, um einen Gipfel zu umgehen, den man nicht einfach überqueren kann. Es gibt einen schönen breiten Pfad, der ganz gut mit Steinmännli markiert ist, und ich beruhige mich. MAN KANN HIERDURCH GEHEN UND DER POCKET GUIDE HAT NICHT GELOGEN! Heute ist es heiss und ich habe fast kein Wasser mehr, am Biwak gab es keins und heute Morgen hatte ich weniger als einen Liter übrig. Ich wusste, dass das nicht ausreichen würde. Es gibt eine kleine Schlammpfütze hier, und ich schöpfe das übelste Wasser des ganzen bisherigen Trails auf. Ich lasse es vorerst im Filter für später, FALLS ICH WIRKLICH NICHTS BESSERES FINDE. 

Ich erreiche den nächsten Pass, Port de Moudang 2495 m, wo ich eine ganze Weile zögere und mit meiner Angst spreche. Ich soll über einen weiteren Pass gehen, der aber nicht einmal einen Namen auf der Karte hat, so dass ich eigentlich nicht genau weiß, wo er ist. Ich würde die Stelle gern in einigen anderen Apps zum Vergleich auf der Karte anschauen, aber wie überall gibt es auch hier kein Internet.

«Wenn es uns nicht mehr gefällt, kehren wir um, Angst.» «Okay.» Wir gehen los. NATÜRLICH FALSCH :)) Ich habe einen gut sichtbaren Pfad gewählt, der aber nach einer Weile in die falsche Richtung abbiegt. Oh, ich hätte auf der anderen Seite des Grats gehen sollen … Also kraxle ich über ein steiniges Schieferfeld hinauf auf den Grat. Es gefällt mir nicht so ganz, aber es geht eigentlich gut. Es gibt Spuren. Entweder von Menschen oder von Schafen.

Auf dem Grat, den ich zum Glück ohne Probleme erreicht habe, lacht mich aus vollem Halse ein Steinmännli an! Das war der richtige Weg! Der einzige Unterschied zwischen meiner Seite und dieser Seite des Grates ist aber, dass es hier Steinmännli gibt. Ansonsten ist das Gelände genau gleich und ich beruhige mich wieder. Ich komme oben auf dem namenlosen Pass an.

Markierung HRP

Es gibt eine HRP Markierung !! Das ist das allererste Mal und ich streichle sie liebevoll. Aber nur so lange, bis ich über den Rand schaue, wo ich weitergehen soll. Ich nehme meine Hand sofort weg! Das Zeichen ist nicht da, um uns zu ermutigen, sondern um die HRP-Hikers davon abzuhalten, ums Leben zu kommen !!

Schieferhölle

Ich trinke das letzte saubere Wasser und schnalle die Stöcke an den Rucksack, ES GIBT DA NÄMLICH EINEN ABSTURZ GROSS WIE EINE KUH. YOU ARE KIDDING !! Ich schaue runter über die Kante und sehe links ein Steinmännli, das mich sehr schüchtern anlächelt. Ich komme zu ihm. Ich sehe kein anderes und studiere ein wenig verzweifelt das Gelände, um zu entscheiden, wodurch ich diese steile Scheisse hinuntergehen soll. 

Das Problem ist, dass hier alles aus brüchigem und glitschigem Schiefer besteht, WAS ICH HASSE. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob mir ein Fuss ausrutscht, denn es kann auch sein, dass ein ganzer Hangteil mit mir abrutscht, also SCHALTE ICH IN DEN MODUS VON MAXIMALER KONTENTRATION ÜBER und platziere jede Hand und jeden Fuss super sorgfältig wie ein Kontrollfreak. Ha, ich sehe einen orangefarbenen Punkt. DER WEG IST MARKIERT !!

Die Tatsache, dass es hier orange Markierungen gibt, beruhigt mich nicht, ES GRAULT MIR DAVOR !! HRP war bisher noch nie markiert,  hier kann es also nur einen Grund für die Markierungen geben – EIN ABSTURZ WIE EINE KUH !!

Ich laufe die Markierungen ab, bis ich auf festem Boden stehe. UF !! Ich gehe weiter und bald sehe ich eine weitere orange Markierung. WAR DAS NOCH NICHT ALLES ??

Zum Glück ist der nächste Abschnitt viel freundlicher, danach verschwinden meine Angst und die Markierungen, aber leider auch der Pfad. SOLL ICH JETZT WIRKLICH 1000M IM FREIEN GELÄNDE RUNTERLAUFEN ?? JA.

Das hat wirklich nicht viel Spaß gemacht. Ich habe keinen Pfad in der Karte und hier gibt es auch keinen, also navigiere ich nur nach den Höhenkurven – ich gehe dorthin, wo es nicht zu steil ist. Es gibt vier Flüsse, welche Schluchten bilden, die ich an geeigneten Stellen überqueren muss. Ich gehe um Steilhänge herum, die allgegenwärtige grosse Grasbüschel fange ich an zu hassen, und es kostet mich unheimlich viel Zeit. 

An einer Quelle schöpfe ich neues Wasser und filtere es. Es schmeckt nach Eisen und der Fels um die Quelle ist ganz orange. Aber im Rahmen des Testens filtere ich auch das Wasser aus der Pfütze, es ist danach klar und schmeckt fast gar nicht nach Schlamm :)

Schließlich komme ich zu einem kleinen Wäldchen und habe einfach keine Lust mehr herumzugehen. DAS WAR ABER EIN FEHLER.

Ich kraxle über verschiedene Büsche, Heidekraut und Wacholder, in denen ich manchmal bis zur Hüfte versinke. Dann noch über eine schlammige Quelle. Schliesslich komme ich auf eine Wiese hinaus und habe wirklich genug von diesem Abstieg. Geht nicht durch einen Wald, wo es keinen Pfad gibt, SEID NICHT SO FAUL UND GEHT DRUM HERUM !!

ENDLICH schliesse ich mich einem Pfad an. Das Gehen ist plötzlich so einfach :)) Unten im Tal befindet sich das Hospice du Rioumajou und ich überlege, ob ich für die Nacht die zusätzlichen 150 m runter gehen soll. Auf dem Weg sehe ich ein anderes geeignetes Biwak, es gibt aber viel Kuhscheisse hier. Ich entscheide: Ich gehe hinunter. Ich mache mir nämlich Hoffnungen auf Rotwein :)) Das war der anstrengendste Tag bisher !!

Wein gibt es und dazu auch eine Menge anderer Dinge, aber das werdet ihr erst im zweiten Teil des heutigen Tages erfahren :) Es würde nämlich thematisch nicht zu der Schieferhölle passen :))

Stück unterhalb von Port Vieux – Hospice du Rioumajou / viele Kilometer und viele Höhenmeter, die ich ohne Pfad in dieser App nicht auf der Karte einzeichnen kann

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