Sun, Here I Come

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Kdo jsem

HRP - Tag 15

Publikum und Kinder-Crêpe

21.8.2024

Nächtliches Aufwachen

Um vier Uhr in der Nacht wache ich auf und HABE KALT. Ich verstehe es nicht, ich bin doch nicht einmal zu hoch in den Bergen, sondern schlafe schön unten im Tal. Ich fasse meinen Schlafsack an und MEIN DAUNENSCHLAFSACK IST NASS !!

Ich gehe schauen, wie das möglich ist, denn ich bin drinnen im Zelt und ES REGNET NICHT. Ich schlafe direkt neben einem Fluss und draussen gibt es den stärksten Tau, den ich je IN MEINEM GANZEN LEBEN erlebt habe. Alles ist nass, die Luft verwandelt sich direkt vor meinen Augen in Tröpfchen und das Zelt ist so nass, als hätte ich es in den Fluss geworfen. Trotzdem beruhige ich mich – ICH WURDE NICHT VON EINEM ANGESCHWOLLENEN FLUSS ÜBERSCHWEMMT !!

Col des Cambalès

Am Morgen packe ich also das Zelt und die anderen nassen Sachen zusammen und atme tief durch die hundertprozentige Luftfeuchtigkeit und die ersten Höhenmeter durch. Ich nehme die Distanzen nicht mehr in Kilometern wahr, sondern beginne, sie in Höhenmetern zu berechnen. Da ich nur noch bergauf oder bergab laufe und es überhaupt KEINE FLACHEN STELLEN mehr gibt, macht das Sinn.

Der Aufstieg zum nächsten hohen Pass ist ein langsamer Anstieg von +1200 m und ich bin froh, zwei Stunden lang im Schatten zu laufen. Versteht mich bitte nicht falsch, ich freue mich sehr über das schöne Wetter, besonders jetzt, wo ich jeden Tag mehrere hohen Bergpässe überquere. Ich würde mir nicht trauen, mich über die Sonne zu beschweren, denn ich BRAUCHE sie, auch wenn sie manchmal ein Loch in mich brennt !!

Auf dem Weg zum Col des Cambalès, 2705 m, kraxle ich wieder über große Steinhaufen, aber im Vergleich zum gestrigen Mordor gibt es ein schönes FAST SICHTBARES PFÄDCHEN. Ich blicke runter in das nächste Tal voll von grossen Steinbaufen, über die ich in einem Augenblick wieder hinunterkraxeln werde :)

Am Pass packe ich den Rucksack aus und trockne den ersten Teil der nassen Sachen. 

Ich wasche mir die Haare

Beim Abstieg wird es richtig heiß, die Sonne genießt es heute richtig und scheint in alle Richtungen, vor allem konzentriert sie sich, glaube ich, hauptsächlich auf mich. Ich bin übermüdet und fange an, Fehler beim Laufen zu machen, und als der See vor mir auftaucht, ZÖGERE ICH KEINE SEKUNDE UND SPRINGE HINEIN, Kopf zuerst. Ach, ich schwimme bis zur Mitte und habe den ganzen schönen Bergsee nur für mich allein.

Am Ufer sonnen sich zwar etwa zwanzig Spanier, aber nur ich bade. Sie haben nämlich kalt und ich denke, dass ihr Blut wärmer sein muss als meines, denn meines KOCHT schon  in dieser Sonne. 

Im See wasche ich mir auch die Haare, nach mehreren Tagen bin ich ganze fünf Minuten lang sauber. Bis ich meine verschwitzten Kleider wieder anziehe :))

Das Wasser in den Seen hier ist nicht ganz eiskalt, also fühle ich mich für eine Weile wie an einem Strand am Meer, WO ICH DIE NÄCHSTEN FERIEN VERBRINGEN WERDE, WIE ES NORMALE MENSCHEN TUN.

Brauche ich ein Publikum?

Ich denke an meinen ehemaligen Partner aus Belgien. Er würde diese Aktion von mir – ich bade und andere schauen zu – sicher mit der Bemerkung abstempeln, dass es mir gut tut, ein Publikum zu haben. Noch heute rege ich mich bei dem Gedanken an diesen Satz auf, und ich bin mir sicher, dass es in diesem Satz gar nicht um mich geht.

Es geht um seine eigene Unsicherheit und seine Angst, baden zu gehen, weil er vor anderen Leuten scheu ist. Und weil er sich diese Unsicherheit nicht eingestehen will und sie NICHT OFFEN KOMMUNIZIERT, ist er stattdessen gemein zu mir.

Es ist ein Abwehrmechanismus: 1. er schiebt die SCHULD auf mich; 2. ich sage ihm nichts dazu, weil ich nicht in Konflikt geraten möchte; 3. er schafft Distanz zu mir und lässt mich nicht in seine Nähe – so schützt er seine Angst; 4. er fühlt sich gut, ICH ZWEIFLE AN MIR und fühle mich distanziert, ALLEIN. Sehr ihr, wie FALSCH das ganze ist?

Das Publikum ist für mich nicht wichtig. Ich würde sowieso schwimmen gehen, nur mit Publikum ziehe ich Bikini and und ohne Publikum bleibe ich nackt.

Ich trockne die nächste Ladung nasser Sachen und mich selbst.

Refuge Wallon – Marcadau

Ich steige die ganze Ewigkeit ab und es ist schon wieder sehr schön hier. Ich bin gerade nicht sicher, ob ich es euch schon erzählt habe, aber ich laufe fast den ganzen Weg von Candanchú durch den Nationalpark der Pyrenäen. Es gibt wenig Kacke hier und jede Menge Murmeltiere, die keine Angst haben und ich manchmal fast streicheln kann. 

Gegen 16 Uhr komme ich, schon wieder überhitzt, ENDLICH im Refugio an! Refuge Wallon – Marcadau ist neu renoviert und hat eine große Kapazität von über 100 Personen. 

Ich nehme einen großen Milchkaffee, eine crêpe mit Zucker und einen Viertelliter Rotwein. Der Hüttenwirt macht eine witzige Bemerkung zu meiner Menüwahl und ich mache eine witzige Bemerkung zu seiner witzigen Bemerkung, bis wir beide lachen und nicht mehr wissen, worüber. Die crêpe jedoch enttäuscht mich sehr … ICH WOLLTE KEINE KINEN KINDERPORTION !! Ich mache die HRP, habt ihr dennckeine größere Pfanne?

Ich unterhalte mich mit zwei Mädels, die mit mir am Tisch sitzen. Fünf Minuten später werden wir, mithilfe der Getränke und der Sonne, Freundinnen :) Létitia erzählt mir, wie sie nach ihrer Scheidung das Wandern entdeckt hat und wie sehr es ihr geholfen hat. Ich erzähle ihnen von der Schönheit und der Scheisschen an der HRP :)) Wir machen ein Selfie zusammen und ich gebe Létitia meinen BH. Nicht den, den ich gerade trage, sondern den sauberen aus dem Rucksack! der dadurch wieder leichter wird. Danke liebe Frauen, dass ihr so lieb seid, es macht mir grosse Freude.

Ein weiteres Biwak am See

Ich gehe ins Bett, es sind noch etwa zwei Stunden bergauf zum See. Die Sonne ist immer noch so heiß wie am Mittag. Als ich nach acht Uhr ankomme, sind alle guten Biwakplätze bereits belegt. Ich habe heute viele Nachbarn hier! Ich schlafe also auf dem bisher schlechtesten Biwakplatz und koche mein neues Gourmet-Menü – Polenta mit Thunfisch und gebratenen Croutons :) Leider steht das Zelt senkrecht zur erwarteten Windrichtung, also stecke ich mir Ohrenstöpsel rein und hoffe auf eine windstille Nacht.

Pla de Doumblas – Lac d’Arratille / 19 km / +1541 m / -869 m

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